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Tour
de la Pharmacie Centrale de Tunesie (UCI 2.2; 30.3.-5.4.2008)
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26.3.
Bergneustadt – Jemmal
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Nachdem
der Schnee geschippt und die versiegelte Fläche zwecks molarer
Schmelzpunkterniedrigung mit Streu versehen ist, holt mich Mattias
ab. Zusammen geht es nach Düsseldorf, wo gegen Mittag der Flieger
Richtung Süden abhebt. Am Schalter steht Andreas schon eingereiht
in der Schlange neben uns. Bei bestem Wetter setzen wir in
Monastir auf, und der Transfer nach Jemmal, dem Ort unseres vorläufigen
Quartiers, ist tatsächlich organisiert. Der Werkzeugsatz macht
schnell die Runde, ehe wir uns samt Untersatz auf ebensolche
begeben. Mitten in der Nacht treffen Bodo und Dennis ein. Die
beiden haben viel zu erzählen, und kurz vor Sonnenaufgang sorgt
„Einschlafmusik“ für den ersten Einsatz des Ohrenfriedens...
.
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27.3.
Jemmal
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Nach
vollwertigem Frühstück steht die erste größere Ausfahrt auf
dem Programm. Etwas bewölkt ist es, dazu auch sehr windig.
Sportlicher Einsatz wird für die 13 Stundenkilometer auf dem
Hinweg verlangt, die 50 Sachen auf dem Rückweg hätte ich auch
mit dem Hollandrad geschafft. Vier Stunden sind für heute genug
des Guten, und in voller Besatzung wird das wöchentliche
Marktgestöber des Örtchens aufgesucht.
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28.3.
Jemmal – Tunis
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Der
nächste Morgen offenbart sich uns mit dunklen Wolken. Andreas und
ich machen kurzen Prozess und steigen mit hungrigen Mägen auf den
Hobel. Teilweise sind die Straßen schon nass und daher tückisch
glatt. Zweimal bewältigen wir die Hausrunde, ehe es sich
einzuregnen beginnt. In der folgenden Mittagspause schlendern wir
zum Friseur, wo wir mit Touristenpreisen abgezockt werden. Eine
Geschichte, die im weiteren Verlauf dieser Unternehmung ihre
Fortsetzung finden wird... . In jedem Fall kommt auf dem Fußweg
zur Bleibe die aus der Heimat mitgebrachte Wintermütze zum
Einsatz: Die Sommerfrisur muss jetzt vor der hiesigen Witterung
geschützt werden. Im Tagesverlauf bessert sich das Wetter, und so
treibt es uns am späten Nachmittag weitere zweimal auf die Runde.
Um 18 Uhr Ortszeit läuft uns heute zum vierten Mal ein kleiner Kläffer
hinterher. Im Vergleich zum Vorjahr hat er kräftig zugelegt, und
auch im Zähnefletschen ist er schon ein Großer. Noch hat er aber
keinen Mumm, die Grundstücksgrenze zu verlassen. Auf
Schlagdistanz halten wir hier zwecks Erleichterung an. Den Lautäußerungen
des Tieres zu urteilen sollten wir diesen Streckenabschnitt nur
noch bei Rückenwind fahren... . Abends werden wir nach Tunis
transferiert, wo wir mit warmer Küche empfangen werden.
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29.3.
Tunis
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Wieder
einer dieser ereignislosen unmittelbaren Vorrundfahrttagen:
Irgendwann zwischen den drei Mahlzeiten werden zwei Stündchen
geklickert. Ansonsten hält man die Beine still. Abends gibt es
die Startnummern. Auch für die Nachzügler Stefan und Philipp,
die erst heute zusammen mit Tanja - sie übernimmt mit Bodo die
sportliche Betreuung von Nordland-Hamburg - eintreffen.
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30.3.
1. Etappe: Tunis 21,5 km (Zeitfahren)
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Knapp
21,5 km Zeitfahrprüfung müssen bewältigt werden. Der Start
erfolgt am Stadtrand von Tunis. Eigentlich nur als Warmfahren
gedacht, schalte ich nach 6 km auf das 11er-Ritzel und lasse den
Gang stehen. Schnell ist der Ägypter aufgefahren, den ich aber später
wiedersehe, als er mich im Windschatten eines Zehntonners überholt.
Mangelnde Tempohärte oder das schlechte Gewissen lassen ihn von
der Zugmaschine abkoppeln, und so wird er abermals gepflückt. Die
Uhr stoppt bei 29 Minuten, und es schließen sich 30 km Radfahrt
ins Hotel an. Hier steht des Nachmittags ein Transfer Richtung
Sousse an. Unter dem Strich bleibt wieder einmal die Erkenntnis,
dass mein Organismus Radfahrten besser als solche im Bus
verkraftet.
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31.3.
2. Etappe: Sousse –
Sfax, 125 km
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Flach
und windstill - Das könnte ein leichter Arbeitstag werden... .
Bei meiner nunmehr dritten Etappenfahrt in Tunesien weiß ich aber
mittlerweile, dass die Fahrweise im Feld trotz der herrlichen
Bedingungen nicht wesentlich unrhythmischer als sonst sein wird:
Eben war das Tempo noch angenehm, so pendelt sich die
Belastungsfrequenz des Motors einen Augenblick später jenseits
der 3 Hz-Marke ein. Auch die Straßen werden nicht weniger rau
erscheinen: Vielleicht lassen im Laufe der Fahrt die Hände wegen
Taubheitsgefühlen, die Füße wegen Sohlenbrandes oder das im
Vergleich zu einer Trainingsfahrt durchs Oberbergische ungleich
mehr strapazierte Sitzfleisch Sekunden zu Minuten werden.
Und auch die Sonne, verknüpft mit ihren Temperaturen, wird
auf Dauer den Körper dürsten lassen. Tatsächlich wird dieser
auch am heutigen Tag vom Rennen gezeichnet sein. Stefan, Philipp
und Andreas könnten morgen ihren Dreierzug noch optimieren,
Mattias und ich halten uns aus dem Spurtgestöber raus. Dennis
besucht nach diversen Defekten die Ortsgruppe.
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1.4.
3. Etappe: Sfax – Gabes, 136 km
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Flach
und windig - Bevor es auf die Kante geht, haben sich Philipp und
Andreas in diversen Grüppchen davon geschlichen. Zur Halbzeit
schlagen die Kapitäne Alarm. Binnen weniger Minuten ist die Spreu
vom Weizen getrennt. Als wir nur noch zu sechst sind, und die
Spitze in Sichtweite ist, haben es die Fünf auf mich abgesehen:
Vorhin noch in der Staffel unterwegs, finde ich auf Gedeih und
Verderb keinen Platz mehr in dieser. Mein Versprechen, Andreas’
Hinterrad wieder in ordnungsgemäßem Zustand zurückzugeben – während
der Neutralisation ereilte mich ein Plattfuß –, hindert mich
nun, das verbleibende bisschen Windschatten abseits der Fahrbahn
im Schotter aufzusuchen. Und tschüss... . Abends lasse ich mich
zu zwei Spielrunden auf der benachbarten Bowlingbahn einladen. Natürlich
erliegen die zehn Kegel meinem Charme. Ziemlich genau einmal!
Ansonsten schießt die Kugel in eine der beiden Gossen an dem
Schlachtfeld vorbei. Bodo, der mich nun auch schon ein Weilchen
kennt, will heute den ersten emotionalen Ausruf von mir vernommen
haben... .
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2.4.
4. Etappe: Gabes – Matmata, 100 km
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Nachdem
ich gestern Abend zweimal das Schlusslicht eingenommen habe, biege
ich heute im Feld als ebensolches auf die unerwartete Baustelle
ein. Eine Stunde lang beiße ich in den Lenker, bis ich meinem
Kapitän wieder Helferdienste anbieten kann. Wenig später geht es
in die Berge. Andreas schicke ich in die Kopfgruppe, ich mache es
mir eine dahinter "gemütlich". Dennis’ Auftritt steht
unter keinem guten Stern: Durch neuerliche Defekte und einen
folgenschweren Sturz ergänzt er die Betreuerriege. Nach dem
Mittagsschlaf sagt mir der noch in Unterlenkerposition befindliche
Rücken, dass ich unbedingt wieder mit der sträflich vernachlässigten
Rumpfkräftigung beginnen sollte... .
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3.4.
5. Etappe: 60 km
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Der
Tag beginnt viel zu früh. Dem Frühstuck um Sechse folgt eine 300
km lange Busreise. Wer vier Stunden später noch Hunger hat, darf
sich an einem Fünf-Sterne-Buffet verköstigen. Mittags um 1 Uhr
setzt sich der Tross auf sein avisiertes, 175 km dauerndes
Tagesprogramm. Der Schnitt ist nicht schneller als 25 km/h. Er ändert
sich auch nicht, als das gelbe Trikot samt Helfer und unserem
Andreas attackiert. Der Vorsprung baut sich aus, bis ein Kommissär
am Straßenrand steht und alle Renner zum Neustart auffordert. Die
drei Spitzenreiter bekommen 10 Minuten Vorgabe auf die Meute, die
nun auch Rennen fährt. Und es bietet sich wieder etwas ganz
Besonderes: Windkante bei tiefstehender Sonne an einem
Fahrbahnrand, der seine Spur ähnlich dem mäanderierenden Wege
eines natürlich belassenen Bachbettes zieht. Wenn das Grupetto
seinen Spurtkönig ermittelt, soll sich die Erdkugel schon auf der
sonnenabgewandten Seite befinden. Andreas lässt sich zur gleichen
Zeit auf der Siegerehrung für seinen dritten Platz feiern. Zur
Belohnung darf aber auch er noch zwei Stunden im Auto verbringen.
Es folgt der Transfer zur Mitternachtsvesper.
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4.4.
6. Etappe: Le Kef – Tabarka, 145 km
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Die
Startlinie wird erst nach neuerlicher, 50 km langer Busfahrt überrollt.
Mittlerweile weiß ein jeder, torturlindernde Maßnahmen zu
gebrauchen. In meinem Falle sind das zwei gelbe
Schaumstoffzylinder, deren Enden sich noch vom Einsatz in der
letzten Nacht konisch verjüngt zeigen. Hier hatte Zimmernachbar
Andreas seine Triumphfahrt mit einem Konzert in verschiedenen
Molltonleitern zelebriert... . Jetzt jedoch, das Rennen ist fast
100 km alt, überfahren wir - das gelbe Trikot, dem Gelben sein
Helfer, das Bergtrikot, und dem Bergtrikot sein Helfer - den
letzten der heute unzähligen Hügel. Ganz vorne unterwegs sind
derweil der Gewinner der letztjährigen UCI-Afrika-Tour und ein
weiterer Franzose. Das Laktat in den Beinen ist noch nicht wieder
abgebaut, da erzeugen die über den glitschigen Asphalt
rutschenden Reifen - kurz vorher muss es geregnet haben - mehr Wärmeenergie
als die auf der Felge streifenden Bremsgummis. Schnell löse ich
mich von der Gruppe, und auch das Vorausfahrzeug, das für freie
Fahrt sorgen soll, lasse ich stehen. Die Wege der den Berg
hinauftuckernden Vehikel, vornehmlich sind es Gemüselaster,
werden sich nicht mit meiner Ideallinie kreuzen. Am Fuße
angekommen nimmt der Führungswagen die Rolle als Speerspitze
wieder ein und bringt in seinem Sog den Helfer des Gelben mit. Der
Ziellinie nähern wir uns in Gemeinsamkeit, wobei mir die Einfahrt
nach Tabarka mit seiner Linkskurve 300 m vor dem Ziel und seinen tückischen
Fahrbahnunebenheiten wohlbekannt ist. Und tatsächlich habe ich im
finalen Spurt eine Radlänge Vorsprung. Imponierend, als ob es nie
einen Zweifel gegeben hätte... . Die Siegerehrung folgt sofort,
die beiden UCI-Punkte für die Afrika-Rangliste erst in knapp vier
Wochen.
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5.4.
Etappe 7a: Tabarka - Bizerte, 130 km
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Am
Schlusstag lässt ein Halbetappenprogramm auf sich warten. Nach
dem gestrigen Ergebnis hält sich der eigene Aktionismus in
Grenzen. Das denkt sich auch der große Teil der anderen Renner.
Aber warum fahren wir dann permanent einen Gang dicker als es
angenehm wäre? Wie dem auch sei: 200 Meter vor dem Ziel legt sich
der tunesische Sprinterzug auf die Nase. Philipp sprintet
daraufhin auf einen starken zweiten Platz.
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5.4.
Etappe 7a: Bizerte - Tunis, 56 km
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Dass
die harten Sitten des Sports auch in Afrika Einzug halten, zeigt
der Nachmittagsabschnitt: Nichts ist mit einer gemütlichen
Champagnerfahrt. Der 46er Streifen dünnt
das Feld aus, und so fahren lediglich 20 Mann der Ziellinie
entgegen. Drei TopTen-Plätze runden zum Abschluss den gelungenen
Auftritt von Nordland-Hamburg ab.
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6.4.-9.4.
Tunis - Jemmal -Bergneustadt
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Nach
und nach verlassen uns Andreas, Tanja, Philipp und Stefan in
Richtung Heimat. Die weitestgehend vom Radsport befreiten Tage
werden von den Verbliebenen genutzt, um rechnergestützte Büroarbeitsplätze
aufzusuchen, den Gaumen wieder auf westlich Kulinarisches zu
trimmen, und um die Rechnung mit dem Friseur im Stadtkern von
Jemmal zu begleichen (vgl. Eintrag vom 28.3.). So begeben sich
Bodo und meine Wenigkeit in den besagten Salon, um den unter
weitestgehend ariden Bedingungen prächtig gediehenen
Gesichtsflaum zu stutzen und sich so im Anschluss wieder
flughafentauglich präsentieren zu können. Nach vollbrachter
Dienstleistung sind wir beide im Begriff, die Örtlichkeit ohne
monetären Ausgleich zu verlassen. Ich bin der arabischen Sprache
nicht mächtig, aber es wird mir seitens des verdutzten
Scherenmeisters angeboten, die Angelegenheit mit den Fäusten zu
regeln. Bezeichnenderweise ist es ein Spieler der regionalen
Raufballmannschaft, der in dieser Situation die Wogen glättet.
Mit dem Ergebnis, dass ein sensibles Gemüt ob der Vielzahl an völkerverständigenden
Gesten an Reizüberflutung leiden müsste... . Ohne Missmut
verlassen nun auch Bodo, Dennis, Mattias und der Verfasser dieser
Zeilen in der Gemeinsamkeit dieses Land. Die Fahrgemeinschaft
setzt mich vor der Haustüre ab, wo ich feststellen kann, dass das
Salz gegriffen hat... .
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