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“Thai Health SAMILA Tour of Thailand 2006” (21.9.-24.9.2006)

 

 

 

 

 

Nach meinem Januarausflug hatte ich eigentlich keinen weiteren Thailandaufenthalt mehr geplant. Einer kurzfristigen Einladung konnte ich aber wegen meiner Superform und meines Reisedranges dann doch nicht entsagen. Also war es mehr als logisch, dass ich meine Startzusage für die "Thai Health SAMILA Tour of Thailand 2006" gab.

 

 

 

 

 

Während die anderen Mannschaftsteile (die beiden Hamburger Radtouristen Olli und Peter, der großzügige Schweizer Stefan sowie das sich sehr gut ergänzende Franzosenduo Jerome und Richard) zwecks Akklimatisation schon vorher anreisten, plante ich mein Eintreffen so, dass mir der innerpolitische Trubel nichts anhaben konnte.

 

 

 

 

 

Im Rahmen der Einreisekontrolle in Bangkok erfahre ich von einer Autobombe, die in meiner angegebenen Destination detoniert sein soll. Mit leicht flauem Gefühl im Magen löse ich mir ein Inlandsticket nach HatYai, wo das Rennen stattfindet. Der Flug geht erst am nächsten Morgen, so dass mir vorher noch eine kurzweilige Nacht auf dem Flughafen bevorsteht. Hier komme ich irgendwann mit einem Soldaten ins Gespräch. Dieser klärt mich über die aktuelle Problematik des Landes auf. Gleichzeitig stellt er auch richtig, dass gestern nicht nur eine einzige Bombe hochgegangen sei. Später verschwindet er. Zeit also, es sich auf den Sitzschalen bequem zu machen und eine Mütze Schlaf zu nehmen.

 

 

 

 

 

Viel später, in HatYai angekommen, bin ich sofort auf der Suche nach einem kostenlosen Internetangebot und werde sogar schon auf dem Flughafen fündig. Olli wollte mir nämlich die Beschreibung zu der Unterkunft mailen, in der Peter und er verweilen. Und tatsächlich ist eine Nachricht im Posteingang: „...ganz leicht zu finden...“, steht da, „...nach der ersten Tanke wenden, von der Hauptstraße runter...links, rechts, links...Hausnummer 19...“.

 

 

 

 

 

Ich gebe die Beschreibung meinem Chauffeur. Der findet das Hotel aber nicht und sucht die Touristen-Information sowie anschließend die Touristen-Polizei auf. Nach längeren Diskussionen lautet meine neue Marschrote: auf zum JB! Ein großes 5-Sterne-Hotel, das die Unterkunft während der Rundfahrt stellt. Diese beginnt aber erst übermorgen und der jetzige Besuch dürfte folglich nicht kostenlos sein. Am Empfang bekomme ich aber schon einen Essensgutschein für heute Abend in die Hand gedrückt und ich klopfe mir innerlich auf die Schulter.

 

 

 

 

 

Im Aufzug treffe ich sofort auf meine ausländischen Mannschaftskollegen. Ich bin ein wenig erstaunt über die Englisch sprechenden Franzosen. Ein kurzer Austausch erfolgt, ehe auf meinem Zimmer sofort das Telefon bimmelt: Olli! Er steht an der Rezeption des JB und will mit "dem Kapitän" eine Runde auf dem Rad drehen. Da bin ich natürlich total begeistert von und baue schnell mein Rad zusammen. Peter wartet auch dort und sofort geht es los.

 

 

 

 

 

Am mittlerweile späten Nachmittag verdichten sich die Wolken über uns und wir machen sofort Erfahrung mit dem Monsun, der zur Zeit Thailand belagert, genauso wie die am Abend aufrollenden Panzer Bangkok. Der Regen stört uns in unserer Situation jedoch mehr: er ist zwar warm; aber trotzdem unnötig. Jedenfalls sind die beiden Trainingskollegen von meinem Essensgutschein so begeistert, dass auch sie am Abend ins JB einziehen.

 

 

 

 

 

Zwei Portionen Reis später sitzen wir wieder auf dem Rad: diesmal mit der kompletten Mannschaft. Unser Betreuer Richard fährt aber nicht mit. Er sucht derweil den örtlichen Friseurladen auf. Nachmittags steht dann die Teamleiterbesprechung an; Kaffee und Kuchen ziehen auch mich an. Eigentlich ist das Prozedere dieser Sitzungen immer ähnlich, sie dienen eher zum Zweck der Begrüßung. Wir erfahren aber auch, dass HatYai die zweitgrößte Stadt Thailands sein soll, dass Samila der Name eines Strandes in der Provinz von Songkhla ist und dass unter bestimmten Umständen auch rote Startnummern verteilt werden...

 

 

 

 

 

Abends steht eine kleine Eröffnungsfeier auf dem Programm. Nach dem obligatorischen Essen sind in dem großen Saal jedenfalls nur noch die Europäer und die Australier Zeugen der wirklich gut inszenierten Show. Die Gesichter sind mir größtenteils noch vom Januar bekannt und lassen ein sportliches Rennen erwarten.

 

 

 

 

 

Am nächsten Morgen sehen wir dann auch die scheinbar voll auf den Sport ausgerichteten Vietnamesen, Thailänder, Indonesier und Japaner beim Frühstück.  Den Reis mache ich den in voller Montur angetretenen Exoten aber nicht mehr streitig; ich bin mittlerweile auf Brötchen und Butter umgestiegen.

 

 

 

 

 

An der Startlinie ist der Respekt auf dem bisherigen Höhepunkt angelangt: die sogenannten Exoten fahren mit einem Material auf, dass man sonst fast nur bei Jedermannrennen begutachten kann: kaum eine Komponente besteht nicht aus Carbon.

 

 

 

 

 

Eine Rennstunde später haben 25 Fahrer schon eine Minute Vorsprung auf das Feld; Tendenz steigend. Wir haben nur unseren Stefan vorne dabei. Die meisten anderen Teams haben zwei oder mehr Fahrer in der Spitze. Bei KM130 sind es 7 min Vorsprung. Außer uns hat kein Team Interesse an der Nachführarbeit. Schon längst sind die Materialwagen hinter die Spitzengruppe vorgefahren. Wasser ist daher leider eine echte Rarität geworden. Irgendwann strecken auch die in grün und weiß gekleideteten Hamburger die Segel. Auf den letzten 40 KM kassieren wir dann weitere 10 min und die Gesamtwertung ist für zwei der drei Deutschen und den Franzosen schon gelaufen. Peter hatte wohl noch Wasser im Speicher und war 5 min vor dem Feld in einer taktisch nicht unklugen Gruppe unterwegs.

 

 

 

 

 

Kurz vor dem Ziel attackiert Olli aber noch mal und dezimiert das Peleton. Er wollte sich den dritten Platz in der internen Wertung sichern, aber Jerome und ich haben den Braten natürlich gerochen und können kontern.

 

 

 

 

 

Angesichts des Rennverlaufes bin ich abends natürlich gefrustet. Nach einer Tüte Chips und ein paar Waffeln aus dem Supermarkt bessert sich die Stimmung aber wieder.

 

 

 

 

 

Für die folgenden Etappen konzentriere ich mich auf das Tagesklassement. Die zweiten 170 KM beginne ich gleich mit offenem Visier. Da die Sprintwertungen täglich nach KM40 anstehen, ist das Grundtempo schon anfangs enorm hoch. Umso erstaunlicher ist es, dass die 12-köpfige Fluchtgruppe eigentlich gar nicht aus einer Attacke heraus entsteht. Jerome ist dabei, ich bin es auch. Obwohl die Arbeit sich nur auf einen kleinen Teil der Fahrer verteilt, ist der Vorsprung schnell auf zwei Minuten angewachsen. Hinten wird also nicht nachgesetzt. Da ich unzufrieden mit der Aufgabenverteilung bin, attackiere ich kurz vor der malaysischen Grenze und nehme noch drei Fahrer mit. Der Vorsprung wächst derweil weiter; aber noch sind es 90 KM bis ins Ziel. Der Zeitnehmerwagen ist auch immer in Sichtweite, so dass der unter Radfahrern gefürchtete Sekundenschlaf kein Thema ist. Die Gedanken schweifen also nicht von meinem Unterfangen ab. Monotonie macht sich breit: Kreiseln lautet das Rezept zum Erfolg. Vorne hält man die Nase in den Wind. Dann hofft man, dass der nachfolgende Fahrer so schnell wie möglich wieder Windschatten spendet. Den Wechsel von der langsameren Reihe in die schnellere gilt es schließlich so rhythmisch wie möglich zu gestalten, um Kräfte zu sparen. Und bei lediglich drei Mitstreitern ist man dann auch schon wieder im Wind.

 

 

 

 

 

Da ist es nur eine Frage der Zeit, bis die ersten Zweifel aufkommen: irgendwie glaube ich, dass wir nur noch rumschleichen. Oft liegt 53-15 auf; da fahre ich im Training dicker! Dazu geht es seit einer Weile auch nur noch leicht bergauf. Der Wind schiebt auch nicht gerade. Die maximal herausgefahrenen 4:30 min Vorsprung sind auch schon längst Vergangenheit und der Indonesier spielt seit geraumer Zeit den Öffner. Zu dritt ist diese Unternehmung auch nicht leichter. Lange habe ich keinen Tritt mehr ausgelassen. „Da habe ich mir wieder was angetan“, denke ich, „im Feld könnte man besser klickern!“

 

 

 

 

 

20 KM vor dem Ziel haben wir noch einen Vorsprung von rund drei Minuten. Das ist noch zuviel, um die Flucht im Kopf schon jetzt als nicht erfolgreich abzuhaken. Wenn es nach mir ginge, wäre ich längst vom Rad gestiegen. Aber es muss weiter geackert werden!

 

 

 

 

 

Wenig später geht mir von jetzt auf gleich der Saft aus. Der Kanadier und der Japaner bemerken das und ich habe für einen Moment den Eindruck, dass die beiden kurz rausnehmen. Bruchteile später verabschieden sie sich dann aber endgültig. Eine Zeitlang versuche ich noch Tempo zu fahren, wenn man es überhaupt noch so bezeichnen kann. Es dauert nicht lange, bis mich das Feld einholt. Schemenhaft kann ich den ein oder anderen Hamburger erkennen. Ich bin froh, als ich durchgereicht bin. Endlich kann ich auf das kleine Blatt schalten. Mittlerweile finde ich mich inmitten der Materialwagenkolonne wieder. Hier werde ich noch mal versorgt: das Wasser nehme ich dankend an; die Banane verneine ich. Ich kriege jetzt bestimmt keinen Bissen mehr runter.

 

 

 

 

 

Es sind noch knapp 10 KM ins Ziel. Bei einem 40er Schnitt ist das eine Viertelstunde... Als ich dieses dann wenig später erreiche, ist der Einlaufbogen schon abgebaut. Förderlich für das Selbstvertrauen ist das auch nicht mehr.

Ich erfahre, dass der Kanadier das Rennen gewonnen hat; im Spurt vor dem Japaner, der das gelbe Trikot übernimmt. 60 Sekunden haben die beiden gerettet! Dazu höre ich von Jeromes Sturz. Er hat aber zum Glück nur den üblichen Pfannkuchen davon getragen.

 

 

 

 

 

Nach dem Rennen geht es dann in das Restaurant mit dem gelben M. Die wohlschmeckenden Kohlehydrate sind schnell verdaut und die Welt ist wieder halbwegs in Ordnung. Im weiteren Verlauf des Tages gibt es dann noch Chips, Waffeln und Butterbrötchen.  Abends lockert der ehemalige Renner Richard der Mannschaft die Beine und erzählt von seinem Duell mit Tom Boonen. Davor, dazwischen und danach darf ich mich dazu äußern, wieso der Radtourist Peter nun zum zweiten Mal in Folge vor dem Elite A-Fahrer Keunecke im Ziel war...

 

 

 

 

 

Die nächste Etappe ist mit 150 KM ein bisschen kürzer als die letzten beiden. Trotzdem esse ich ein Vielfaches der letzten Tage. Dem gestern Ausschlag gegebenem Kaloriendefizit gilt es heute vorzubeugen. Bis KM125 bleibt das Feld geschlossen. An einem kleinen Hügel entsteht durch eine Tempoverschärfung eine 8-köpfige Gruppe. Ich habe ein gutes Bein und kann mitspringen. Später schließt Stefan noch mit einem direkten Konkurrenten aus der Gesamtwertung auf. Die Arbeit verteilt sich wieder einmal auf den kleineren Teil der Gruppe; trotzdem retten wir noch ein eine halbe Minute ins Ziel. Im Spurt wird Stefan vierter; ich sechster.

 

 

 

 

 

Anschließend gibt es wieder interkontinentale Kost. Das hat gestern ja auch nicht geschadet. Richard geht übrigens noch mal zum Friseur und zeigt uns abends bei der Massage die asiatischen Scherenkünste. Jetzt wird auch der Plan für den letzten Tag ausgeheckt: Stefan hat noch sehr gute Chancen auf für eine Topplatzierung in der Gesamtwertung. Der Rest der Mannschaft muss also für ihn buckeln.

 

 

 

 

 

Das Rennen sollte aber ganz anders ablaufen. Eine Sechs-Mann-Gruppe fährt bei KM 1 ab. Es gibt keine Mannschaft, die Verfolgung aufnimmt. Das Team vom Gelben kann nicht mehr und der Rest belauert sich...

 

 

 

 

 

Hauptsächlich die Australier und die Niederländer fahren ein paar halbherzige Attacken, die von der Hamburger Mixmannschaft gekontert werden. So kommt das Feld mit knapp 6 min Rückstand auf die Spitze in den Schlussanstieg, der 5 KM vor dem Ziel auf dem Programm steht. Der Berg ist aber nicht lang und schwer genug, um dem Indo aus der Spitzengruppe das virtuelle gelbe Trikot wieder auszuziehen.

 

 

 

 

 

Unter dem Strich erreicht Stefan einen sehr guten 10. Platz; Peter schlägt sich auch sehr achtbar. Über die Platzierungen von Jerome, Olli und meiner Wenigkeit darf man sich getrost ausschweigen. Um ehrlich zu sein, mir sind diese noch nicht einmal bekannt.

 

 

 

 

 

Abends bei der Siegerehrung lassen sich die Gewinner und Platzierten ihre Schecks überreichen. Die daran anschließenden Gesangsdarbietungen bezeugen die meisten von ihnen aber nicht mehr. Schade für sie, denn die Show ist durchaus gelungen.

 

 

 

 

 

Am nächsten Morgen heißt es, vom JB Abschied zu nehmen. Richard, Jerome und Stefan wollen hier noch ein bisschen länger bleiben. Die deutsche Fraktion zieht in Hausnummer 19.  Das kostenlose TukTuk des Hotels transportiert die Kartons; Peter lotst den Fahrer; Olli und ich machen Motortraining.

 

 

 

 

 

Gleich anschließend geht es dann mit dem Rad zum Flughafen, um ein Ticket nach Bangkok zu ordern. Wenn man schon mal da ist, kann man auch noch im Internet daddeln. Kurz vor dem großen Regen sind wir wieder im Hotel. Am Nachmittag zieht es uns in die Stadt, um ein bisschen einzukaufen. Im M wartet auch der Rest der Truppe. Ein nettes Örtchen zum Mineralienersatz soll ausfindig gemacht werden.

 

 

 

 

 

Der verbindliche Stefan hatte während seiner Akklimatisation im Vorfeld des Rennens den ein oder anderen Kontakt geknüpft. So treffen wir uns heute mit zwei deutschen Aussteigern, die an der örtlichen Schule Englischunterricht geben und uns jetzt durch die Kneipen führen. 

 

 

 

 

 

Morgens drauf hat sich gut Wasser in den Beinen angesammelt; Hunger habe ich keinen. Olli ist schon mit dem Rad losgezogen. Er wollte nicht auf Peter warten, der sich unbedingt noch die Zähne putzen musste. Pech gehabt: Stöckchen wird nass; wir bleiben auf unserer Runde trocken. 

 

 

 

 

 

Danach packe ich meinen Kram zusammen; denn für mich geht es heute wieder heim! Das streng rationierte Klebeband für den Radkarton reicht nicht. Die Hausherrin bringt mir einige Meter Geschenkband; optimal also, um die Kiste provisorisch zu schließen.

 

 

 

 

 

Vor der 19 steht sogar ein TukTuk. Ich mache ihm deutlich, dass ich zwanzig Baht zahlen will. Er möchte dreißig haben. Na gut, die zwanzig Europfennig Unterschied seien ihm gegönnt. Am Flughafen angekommen hat er seine Forderung erhöht: dreihundert sind nun gewünscht. Als Raffzahn bin ich natürlich nicht gewillt, ihm diese zu bezahlen. Da ich auch keinen Zeitdruck habe, setze ich mich auf den Boden und spiele den toten Mann. Das behagt dem Fahrer wohl nicht. Er rückt mit ein paar Soldaten an; einer von ihnen spricht Englisch. Nach einer weiteren halben Stunde einigen wir uns auf ein wenig mehr als 100 Baht. Das ist zu verschmerzen. In der Wartehalle bleibt trotz alledem noch ein bisschen Zeit für Rumsitzen und Internet.

 

 

 

 

 

Kaum auf dem neuen Flughafen in Bangkok, der morgen übrigens offiziell eröffnet werden soll, gelandet, gibt es schon Probleme mit den Gepäckwagen. Die meisten wollen nicht so, wie der Fahrzeugführer es will... Die Sperrgepäckausgabe befindet sich außerdem in meinem Rücken.

 

 

 

 

 

Der Transport vom neuen zum alten Flughafen nimmt eine Stunde in Anspruch und verläuft reibungslos. Die folgende Nachtruhe vor dem Heimflug nach D fällt mit vier Stunden fast doppelt so lange aus wie auf der Hinreise und ich bin gespannt, wann ich hier das nächste Mal wieder aufschlage.