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Bericht
„The Paths of King Nikola“ (UCI 2.2; 23.-26.3.06)
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Tobias
und ich reisen als einzige unseres Teams auf dem Luftweg nach
Dubrovnik. Von dort schließt sich die Weiterreise nach Montenegro
an. Hier beginnt übermorgen die Rundfahrt „The Paths of King
Nikola“. Unsere Mannschaftsmitglieder sind schon seit ca.
10 Tagen im Lande, wo sie ein Trainingslager bestreiten.
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Am
Flughafen in Kroatien angekommen, merken wir schnell, dass hier
niemand auf uns wartet. Wir nehmen uns also einen Mietwagen, um
uns zu dem vorher abgesprochenen Treffpunkt, einem Hotel in Budva,
durchzuschlagen. Dort
angekommen, stellen wir fest, dass das "Slovenska Plaza" noch gar nicht eröffnet
hat und hier morgen also auch nicht die Einschreibung der teilnehmenden
Teams erfolgt. Tobias kontaktiert den sportlichen Leiter eines
anderen deutschen Teams, das auch an der Rundfahrt teilnimmt. Er
erfährt die Adresse des „richtigen“ Hotels. Bei der Irrfahrt
dorthin lassen wir bei jedem Halt (Fähre, Grenze, Telefonat)
Kleingeld für Kaffee und diverse Leckereien liegen. Glück habe
ich, dass ich größeres Geld bei einer unplanmäßigen
Polizeikontrolle behalten darf: ein Überholmanöver war etwas
unglücklich abgelaufen...
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Jedenfalls
treffen wir zu späterer Stunde im Hotel "Delphin" ein, wo einen Tag später
die Akkreditierung der Teams erfolgen wird. An diesem Morgen treten wir uns bei noch trockenem Wetter die
Beine aus. Hier begegnen wir zufällig unseren
Teamkollegen. Der bekannteste von ihnen dürfte der Schweizer
Bahnfahrer Peter Jörg sein, der sich bei dieser Montenegro-Rundfahrt für die
kommende Steher-EM in Leipzig vorbereitet. Nachmittags müssen wir
den Mietwagen wieder am Flughafen von Dubrovnik abgeben. Die Rückfahrt
nach Montenegro erfolgt per Rad. Es geht zwar hauptsächlich
bergab, aber wir haben ordentlich Gegenwind. Zudem beginnt es sich
einzuregnen, so dass die Tour zum notwendigen Übel wird.
Auffallend ist, dass heute der Obulus an der montenegrinischen
Grenze zur Desinfektion, die zur Vermeidung der Vogelgrippe dienen
soll, nicht fällig wird. Gestern hatten wir noch einen Euro dafür
bezahlen müssen. Die Seuche scheint also erfolgreich bekämpft
worden zu sein.
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Der
nächste Morgen sieht wettertechnisch nicht besser aus, als der
gestrige Abend endete. Die Rundfahrt beginnt folglich in strömenden
Regen. Schon nach zwei Kilometern fange ich mir einen Durchschlag
ein. Zum Glück hält der neutrale Materialwagen und hilft mir mit
einem Hinterrad aus. So nehme ich das Rennen in der Kolonne der
Materialwagen wieder auf und hangele mich von Auto zu Auto nach vorne. Ein paar km später
erreiche ich, mittlerweile gut
warmgefahren, das Peloton. Hier fällt die verbreitete
Nervosität auf: es ereignen sich einige Stürze und viele
Beinahe-Stürze. Kurz vor dem Fuße des letzten Berges erwischt es
auch mich: auf einer abschüssigen Strecke hängen sich zwei
Sportler auf und kommen zu Fall. Auch mir ist, neben vielen
anderen Leidtragenden, ein Ausweichen unmöglich. Außer oberflächlichen
Hautabschürfungen muss ich auch einen Achter im Vorderrad
beklagen;
ein Weiterfahren ist unmöglich. Auf den Materialsupport warte ich
diesmal aber länger. Nach endlosen Minuten geht es weiter. Dann
und wann überholen mich an dem Berg andere gestürzte Fahrer auf
wundersame Art und Weise. Als ich von unserem Mannschaftswagen
aufgefahren werde,
steht für mich aber schnell fest, dass wir Deutschen uns in
diesem Fall an die Regeln halten. Ich werde also nicht an der Türklinke
des Autos den Berg hochgezogen und muss selber für meinen Vortrieb
sorgen. So bestreite ich die letzten 40 km
bis zum Ziel leicht angesäuert im Alleingang. Hier ist dann
endlich auch das erste Regenrennen der Saison beendet. Die wärmende
Dusche gibt es aber erst viel später. Das Hotel ist zwar schnell
gefunden, aber es gibt Probleme bei der Verteilung der Zimmer.
Tobias und ich erwischen dann eins mit Heizlüfter, der
fortan im Dauerbetrieb läuft, um die nassen Sachen zu trocknen.
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Am
nächsten Morgen hat es zum Glück aufgehört zu regnen. An der
ersten Bergwertung kann ich mich gerade noch im mittlerweile stark
dezimierten Feld halten. Am letzten Anstieg verlässt mich dieses
aber. Ich bin trotzdem zufrieden, da ich nur wenige Minuten
verliere und mich in guter Begleitung befinde. Wir residieren ab
heute im "Grand Hotel" zu Cestinje. Warmes Wasser haben wir nicht,
so dass ich es an diesem Tag bei meinen hygienischen Aktivitäten
mit dem Zähneputzen belasse. Später am Abend springt wenigstens
die Heizung in unserem Zimmer an. Von gefühlter Wärme kann aber
immer noch nicht die Rede sein.
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Gleich
nach dem Start der dritten Etappe gilt es 900 Hm zu bewältigen.
Ich bin, wie ich es von mir als Spätstarter gewohnt bin, noch
nicht im Rennen und selbiges ist alsbald vorentschieden. Der
Fehdehandschuh wurde sofort in den ersten Kehren des Berges geworfen. Obwohl der Rückstand
zur Kopfgruppe auf der langen Flachpassage zu Rennhälfte noch gering ist,
herrscht keine Einigkeit im Hauptfeld. Die nächsten Berge
werden auch eher gemütlich hochgefahren und ständige „Piano“-Rufe
zeugen davon, dass ich mich im riesigen Grupetto befinde. Dieses besteht
heute aus knapp der Hälfte der Teilnehmer. Auf den Tagessieger
verliere ich eine knappe halbe Stunde.
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Das
Wasser im Grand Hotel ist mittlerweile auch lauwarm, so dass ich
mich heute unter die Dusche traue. Die Nacht verbringe ich aber
wieder dick eingepackt im Trainingsanzug unter einer großen
Anzahl von Decken. Während meiner Nachtruhe wird mir von meinem Rad, das ich
in der Hotellobby abgestellt habe, meine Pulsuhr geklaut. Aufgrund
der Tatsachen, dass einerseits die „Low-Battery“-Anzeige
aufleuchtete und andererseits das Sichtglas bei dem Sturz auf der
ersten Etappe zersprungen war, ist dieser Verlust sicherlich zu
verschmerzen. Eine Neuinvestition in eine Uhr aus einer
Discounter-Kollektion war ohnehin schon eingeplant gewesen.
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Die
letzte Etappe ist gleichzeitig die Königsetappe der Rundfahrt: es
gilt vier Bergwertungen zu bewältigen, wobei die beiden
schwersten direkt vor dem Ziel auf uns warten. Heute läuft es bei
mir wieder besser. Als die Karten am vorletzten Berg wieder
aufgedeckt werden, kann ich noch recht lange mithalten. Erst kurz
vor der Kuppe muss ich reissen lassen. Im Ziel nach einem weiteren
gefahrenen Berg habe ich dann 6 min
Rückstand und lande im vorderen Mittelfeld.
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In
der Endabrechnung liege ich auf Platz 77. Ohne Defekte und der
ersten schwachen Rennstunde der dritten Etappe wäre sicherlich
ein deutlich besseres Ergebnis drin gewesen. Bei diesen beiden
Renntagen habe ich ca. 50 meiner 60 min Rückstand im
Gesamtklassement eingefangen. Angesichts der Tatsache, dass
immerhin 13 Kontinentalteams und 2 Nationalmannschaften am Start
standen, kann ich aber auch so mit der gezeigten Leistung
zufrieden sein, zumal jeglicher Vortrieb meinerseits auch aus
eigener erbrachter Leistung erfolgte. Dieses sei hier erwähnt, da
ich selten ein Rennen mit öfter gegebener motorisierter
Hilfestellung erlebt habe.
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Noch
am heutigen Sonntag reisen Tobias und ich aus Montenegro ab. Die
Kollegen nehmen uns auf ihrem Heimweg, den sie mit dem Bus
bestreiten, mit zum Flughafen. Schon
kurz hinter der Grenze auf kroatischer Seite verbessern sich die
Zustände von Straßen und Häusern deutlich. Vielleicht liegt das
auch am Sonnenschein, der sich rechtzeitig zu unserer Abreise zeigt.
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