|
|
|
|
|
|
Bericht Tour de la
Guadeloupe (UCI 2.2; 03.08.-12.08.2007)
|
|
|
|
|
|
31.07.
Bergneustadt - Mönchengladbach
|
|
|
|
|
|
Auf
dem Weg nach Paris fahre ich ein kleines Nachtourkriterium in Mönchengladbach.
Schnell lockern sich auf dem Pflaster der Innenstadt die Schrauben
der Trinkflaschenhalter, was nicht nur mir auf die Nerven geht.
Aber erst als aus dem Hinterrad die Luft entweicht, nutzt Marcel Wüst
die Gelegenheit, mir ein paar Worte zu entlocken. Diese scheinen
dem Publikum zu gefallen, so dass meine Autogramme nach dem Rennen
besonders hoch im Kurs der jungen Fangemeinde stehen. Vorher
beende ich das Rennen aber noch als Fünfletzter; danach mache ich
mich auf den Weg zu dem mit Olli vereinbarten Treffpunkt:
Hausnummer 178 bei Vereinskamerad Andreas.
|
|
|
|
|
|
01.08. Mönchengladbach - Paris -
Pointe-à-Pitre
|
|
|
|
|
|
Kurz
nach Mitternacht fährt ein Wagen mit norddeutschem Kennzeichen
vor. Neben Olli steigt auch Elmar aus. Nach 90-minütiger Prozedur
sind drei Radkartons samt Rädern und Rennern sowie ihr Reisegepäck
in dem Fließheck verstaut. Die Türen sitzen sauber im Schloss,
und so machen wir uns auf den Weg. Piloten und Passagiere wechseln
stetig ab; südlich von Waterloo wird nach Paris ausgewiesen: Ohne
besondere Vorkommnisse. Nach der fachmännischen Beseitigung eines
unbeaufsichtigten Gepäckstückes läuft auch am Flugsteig alles
wieder in seinen Bahnen. Trotzdem warten wir - mittlerweile ist
die Bukarester Mannschaft mit ihren Betreuern Jenny, Andi, Yves
und den weiteren Rennern Lars und Jerome vervollständigt - etwas
länger, bis wir den Kontakt zum Boden verlieren; nicht ganz so
lange braucht der Kommissär vor Ort mit der Einholung der
Lizenzen... .
|
|
|
|
|
|
02.08.
Akklimatisation
|
|
|
|
|
|
Nach
dem Frühstück trifft die Bestätigung des rumänischen
Radsportverbandes ein, die es dem CC Bucuresti erlaubt, drei
deutsche und einen französischen Gastfahrer einzusetzen. Die
Kartons werden schnell ausgepackt, und im Anschluss fahren wir für
eine kleine Runde aus. Am Ortausgang zeigt das Thermometer 37
Temperaturen: Wer schnell fährt, hat auch mehr kühlenden
Fahrtwind! Das scheinen jedenfalls die Italiener gedacht zu haben,
die uns für ihr Rennen als Statisten miteingeplant haben... .
|
|
|
|
|
|
03.08. Prolog: Pointe-à-Pitre
(ITT) 4 km
|
|
|
|
|
|
Nach
morgendlicher Ausfahrt steht nachmittags die Eröffnungsfeier auf
dem Programm. Landestypischem Zeremoniell folgt die Vorstellung
der Mannschaften, deren Fahrer anschließend im Minutentakt die
Rundfahrt einläuten. Nach meinem Ritt ist die Uhr schon spät
vorgerückt, so dass der Heimweg zum Hotel mit dem Rad über die
finstere Stadtautobahn nicht ganz ungefährlich ist. Dort
angekommen, bleibt uns Sportlern der Gang zum reichhaltigen Buffet
verwehrt: Einheitskost, die uns auch in den folgenden Tagen
ausreichen muss.
|
|
|
|
|
|
04.08. 1. Etappe: Pointe-à-Pitre
- Saint-François, 161.7 km
|
|
|
|
|
|
Bis
auf einen kurzen taktischen Aufenthalt in der Wagenkolonne, wo
unser Kapitän zur Versammlung gerufen hat, setze ich heute meine
selbstauferlegte Vorgabe des effizienten Krafteinsatzes um. Als
Widersacher Nummer 1 ist ganz klar die Hitze zu nennen. Die beiden
Trinkgefäße am Rad sind schnell geleert. Wenn dann der eigene
Renndienst nicht in der Nähe ist, so bieten die radsportverrückten
Franzosen den Fahrern Einiges an Verpflegung an. Das läuft in
aller Regel so ab, dass die Renner jeder größeren Menschentraube
den Arm zuweisen, in der Hoffnung, dass ihnen Flüssigkeiten in
ihre geöffneten Hände gedrückt werden. Wünsche hinsichtlich
Geschmack werden eher selten berücksichtigt: Schweppes mit
Kokosnussgeschmack scheint mir aber auch ohne Rennstrapaze gewöhnungsbedürftig
zu sein... . Die Mägen von Olli und Jerome sind den Unmengen der
zu verarbeitenden Flüssigkeiten nicht gewachsen: Beide müssen
schon heute das Rennen aufgeben und werden in den nächsten Tagen
hart trainieren.
|
|
|
|
|
|
05.08. Etappe 2a: Saint-François
- Gourbeyre, 100 km
|
|
|
|
|
|
Wie
es sich für Halbetappen gehört, fängt es schon morgens an zu
regnen. Die Fahrweise des Feldes ist diesen Bedingungen zum Glück
angepasst, so dass diese Regengüsse auch in den nächsten Tagen -
es wird jeden Tag mal mehr und mal weniger ausgiebig regnen –
keine folgenschweren Auswirkungen haben. Zum Renngeschehen: 20 km
vor dem Ziel klinke ich mich an der vorletzten Bergwertung aus dem
Feld aus und fahre in einer kleinen Gruppe ins Ziel, wo wir nicht
nur unsere Schuhe bei mittlerweile schönstem Wetter
trocknen.
|
|
|
|
|
|
05.08. Etappe 2b: Riviere
Sens - Saint-Claude ITT, 7.5 km
|
|
|
|
|
|
Unglaubliches
spielt sich nachmittags beim Bergzeitfahren ab: Über die gesamten
7,5 km erstrecken sich entlang der Fahrbahn zwei Zuschauerbänder.
Aufgrund der Anstrengung schrumpft das Gesichtsfeld schnell auf
Lenkerbreite, und nicht viel länger braucht es, bis die Gehörgänge
den Anfeuerungsrufen der Kreolen nachgeben. Nachdem die Sieger
geehrt sind, habe ich Gewissheit, die Karenzzeit unterboten zu
haben. Spät am Abend, mittlerweile ist der gesamte Tross dem
Verkehrschaos in dem kleinen Bergdorf Saint-Claude entronnen, erklärt
der Kommissär diese Hürde für nichtig, und so dürfen morgen
auch die langsameren Sprintspezialisten wieder an den Start gehen.
|
|
|
|
|
|
06.08. 3. Etappe: Basse-Terre
- Sainte-Anne, 167 km
|
|
|
|
|
|
Der
Scharfrichter ist nach 20 km überwunden. Wohl dem, der dann noch
im Feld ist bzw. wieder zu diesem aufschließen kann. Elmar und
Lars gelingt dieses nicht und fahren die verbleibenden 150 km in
kleiner Gesellschaft ins Ziel. Mir geht gegen Ende der Etappe die
Luft aus, so dass ich keine Unternehmungen im finalen Spurt um den
Tagessieg unternehme. Vielleicht entgehe ich auch deshalb dem
Massensturz 200 m vor der Linie: Rechtzeitig habe ich den
Bremsanker geworfen. Nachmittags und abends widme ich mich zum
ersten Mal dem Fernsehprogramm: Drei französische Sender
berichten mehrstündig von dieser Veranstaltung. Aus unserem Hotel
werden regelmäßig Direktschalten kleinerer Gesprächsrunden
beigetragen. Auch Yves wird eines Tages von unserer
abenteuerlichen Anreise und dem Rennkalender aus Rumänien erzählen...
.
|
|
|
|
|
|
07.08.
4. Etappe: Sainte-Anne -
Deshaies, 160.7 km
|
|
|
|
|
|
Elmar
und auch Lars haben ihre gestrige Gruppenausfahrt gut verkraftet
und zeigen sich wieder im Feld. Nach dem letzten Berg des Tages
kann ich zwei einheimische Radtouristen, die auf der Rennstrecke
trainieren, dazu bewegen, das Tempo für mich – ich war
kurzzeitig isoliert - hoch zu halten. Trotz der Sprachbarriere
verstehen die beiden meine Anweisungen. Im Rennverlauf hat sich
jedoch ein Unfall ereignet, in den auch Lars verstrickt war. Währenddessen
liegt ein anderer Teilnehmer noch immer auf dem Asphalt. Einen
Moment bin ich unachtsam: Die Radtourenfahrer widersetzen sich
meinem Kommando und ergänzen die Schar der Schaulustigen... .
Grund genug also, um auf die nächste Gruppe zu warten, die
geschlossen in Deshaies eintrifft.
|
|
|
|
|
|
08.08.
5. Etappe: Deshaies - Vieux Habitants, 147.6 km
|
|
|
09.08.
6. Etappe: Vieux Habitants - Petit Bourg, 143.2 km
|
|
|
|
|
|
Da
hier auf der Insel zunehmend der Trott einkehrt, möchte ich kurz
auf den üblichen Tagesablauf eingehen: Der Wecker klingelt je
nach Entfernung zum Startort zwischen 5:30 Uhr und 6:30 Uhr. Mein
Kurzhaarschnitt verlangt in diesen Tagen keiner morgendlichen
Pflege, so dass sofort der Gang zum Frühstück ansteht. Dort gibt
es für mich eine Schüssel Schoko-Pops mit Joghurt und Zucker
sowie Brötchen mit Frischkäse. In den ersten Tagen dieser
Unternehmung lagen statt der Weizenmehl-Semmeln einige Croissants
mit Marmelade auf dem Teller. Das Sättigungsgefühl war aber eher
von beschränkter Dauer, so dass es der Umorientierung bedurfte.
Als Nachspeise - auch wenn das Mengenverhältnis im Vergleich zum
Hauptgang überdurchschnittlich erscheint, möchte ich es
‚Nachspeise’ nennen - gönne ich mir nach wie vor etwas
Kuchen. Dazu gibt es O-Saft und der Verdauung wegen Milchkaffee.
Im Optimalfall steht diese direkt nach dem Mahl an. Nun ist auch
die Zeit gekommen, die Räder am Bus abzugeben. Zwei stehen von
diesen zur Verfügung: Der eine kutschiert das Material der von
den aus Übersee eingeladenen Sportler, in dem anderen sitzen
diese dann selber. In der Regel trifft man nach knapp einstündiger
Fahrt 75 Minuten vor dem neutralen Start in der angestrebten
Ortschaft ein. Diese Zeit wird mit dem sogenannten
‚Einschreiben’ überbrückt, einer Prozedur, in der alle noch
im Rennen befindlichen Renner mit ihrer Unterschrift ihre Präsenz
beurkunden. Selbst wenn man sich dabei Zeit lässt, hat man im
Anschluss noch wertvolle 70 Minuten zur freien Verfügung.
Irgendwann sind diese dann endlich vorüber, und es darf in den
Unterlenker gegriffen werden: Die erste Rennstunde ist durchaus
als sportlich zu bezeichnen. Um ehrlich zu sein, weiß ich nicht,
wer bei diesem Tempo noch attackieren will, aber es gibt immer
einige, die noch einen drauf setzen... . Nach 50 Kilometern steht
die Fluchtgruppe, und es kehrt Gleichmäßigkeit im Feld ein. Die
ersten Helfer holen jetzt Wasser für ihre Kapitäne, unter
anderem auch die Mannen des gelben Trikots. In der Regel
macht der Franzose Dumont diesen Job für den Kolumbianer Pena
Pena. Dumont ist Gesamtzweiter der Rundfahrt und führt, wenn er
nicht gerade zwischen Kapitän und Mannschaftswagen pendelt, das
Feld von vorne an: Je nach Gelände liegen dann am Hinterrad
entweder 11, 12 oder 13 Zähne auf. Meine erste Begegnung mit
Dumont fand übrigens im Dezember 2005 statt: Damals überlebte er
die erste Woche in Costa Rica nicht und war Bestandteil der
quantitativ gut besetzten deutsch-französischen Trainingsgruppe
in San Jose... . Zurück zum Alltag: Auf den letzten 50 Kilometer
wird es wieder schneller und auch unrhythmischer, wenn das gelbe
Trikot höchstpersönlich mit durch die Führung geht. Meist steht
dann die letzte Bergwertung des Tages kurz bevor. Diese überlasse
ich großzügig der Konkurrenz und werfe einen Schulterblick in
Richtung Grupetto, in das ich mich dann auch gerne verabschiede,
um gemäßigter gen Ziel zu fahren. Diese Maßnahme ist nicht
immer populär, aber so darf ich mich auch morgen wieder
einschreiben. Der Brausesponsor wirft im Etappenort mit
Gratisproben um sich, und so vergeht die Suche nach dem rumänischen
Wagen recht schmackhaft. Nach der Zusammenkunft, Elmar hat
mittlerweile schon 10 bis 20 Minuten die Füße hochgelegt, ziehe
ich mir trockene Sachen an, denn auch heute hat es wieder
geregnet. Nun steht das Mittagessen in der örtlichen Schule an:
Reis mit Fleisch, ein Baguette und eine Melone. Für die
sportlichen Leiter sind auch diverse Spirituosen reserviert. Als
ordentliche Radrenner wissen wir diese natürlich auf die Zimmer
in unser Hotel zu beschaffen... . Dort angekommen, werden Mensch
und Material gepflegt. Eventuell bleibt noch Zeit, um zwischen
Hygiene und Abendessen dem Strand einen Besuch abzustatten, falls
die innere Trägheit einen nicht daran hindert. Und wenn während
des Abendessens langkettige Kohlehydrate aufgetischt worden sind,
das Buffet ist leider für uns noch immer verschlossen, so wird
Elmar in der kommenden Nacht bestimmt nicht um 3:00 Uhr seine in
der Sporttasche gehorteten Fressalien suchen... .
|
|
|
|
|
|
10.08.
7. Etappe: Petit Bourg - Abymes, 159.8 km
|
|
|
|
|
|
‘Petit
Bourg – Abymes’ oder auch ‘Dasselbe in grün’: Auf
schnelle Fahrt folgt gemäßigte, ehe es zum Ende wieder schnell
wird. Die örtliche Schlussrunde gebe ich mir zweimal, bevor ich
auf das kleine Blatt schalte. In Abymes darf ich mich dann
rechtfertigen, warum ich auf den letzten 10 km, die vorwiegend
bergab gingen, mehr als 7 Minuten verloren habe... . Ollis
Erscheinen, just in diesem Moment, kommt nicht ungelegen, und ich
lasse mich von ihm dazu überreden, die 25 km ins Hotel auf dem
Zweirad zurückzulegen. Glücklicherweise hat er auch noch genügend
Einfluss auf seine Schwester, und so kocht Jenny zwei hungrigen
Rennern Nudeln. Dazu gibt es den guten Gewürz-Ketchup. In diesem
Moment muss ich nicht wissen, was an die in der Schlange stehenden
Kollegen in der Schulkantine ausgeteilt wird... . Hinten anstellen
muss ich mich abends allerdings in dem örtlichen
Lebensmittelgeschäft. Kurz nach Sonnenuntergang scheint ganz
Guadeloupe einkaufen zu gehen, auch wenn die Preise mit heimischen
Tankstellenshops vergleichbar sind. Die 7 Euro sind aber bestimmt
gut investiert... .
|
|
|
|
|
|
11.08.
Etappe 8a: Abymes - Baie-Mahault, 97.7 km
|
|
|
|
|
|
Dass
Schoki und Chipse der Regeneration nur zuträglich sein können,
hat der gestrige Einkauf wieder einmal bewiesen. Doch leider ist
das mittlerweile mannsdaumengroße Geschwür, das die letzten Tage
stetig gewachsen ist, über Nacht alles andere als kleiner
geworden. Die Folge ist ein sehr unökonomischer Fahrstil:
Eigentlich kann ich nur noch im Wiegetritt fahren... . Deshalb bin
ich froh, dass ich mich 20 km vor Schluss ausklinken kann.
Dummerweise fange ich mir 13 km später noch einen Plattfuß ein.
In Baie-Mahault bekomme ich dann endlich ein neues Vorderrad, so
dass ich mich auf dem Weg zur örtlichen Schule wieder in die
Kurven legen kann... .
|
|
|
|
|
|
11.08.
Etappe 8b: Baie-Mahault - Baie-Mahault (ITT), 15 km
|
|
|
|
|
|
Nach
dem Mittagessen läuft mir die Tourärztin über den Weg, der ich
mein akutes Problem schildere. Ich bekomme eine anästhetische
Salbe für mein Sitzgeschwür verpasst. In seiner Art rät mir
Yves: “Stell’ Dich die verbleibende Zeit in den Schatten und
fahr’ einen gemütlichen 35er Schnitt!“. Der Kaltstart ist in
meinem Sinn, die 35 wird aber bestimmt nicht ausreichen, schließlich
will ich morgen an der Champagnerfahrt teilhaben. So rumple ich
ohne Gefühl für Rad und Beine auf dem Sattel; nach gut der Hälfte
der Distanz ist mein Sitzfleisch taub, jetzt fährt es sich
deutlich angenehmer. 3 km vor dem Ziel werde ich trotzdem von dem
hinter mir gestarteten Konkurrent aufgefahren und verliere ihn bis
zum Velodrom, hier ist Endstation, noch aus den Augen. Im
Radstadion sitze ich mittlerweile wieder im Schatten und habe
anscheinend mit den Nebenwirkungen der Salbe zu kämpfen: Ich
sichte einen dänischen Radtouristen, der auf Elmars Rennrad sitzt
und auch Elmars Helm trägt... . Was war geschehen? Elmar hatte
sich vor seinem Auftritt mit blankem Oberkörper warmgefahren und
musste sich von der dänischen Truppe ein viel zu großes Trikot
leihen, da unser Mannschaftswagen, der zuvor Lars begleitete,
nicht rechtzeitig wieder am Start eintraf. Ich bin also noch bei
Sinnen! Oder doch nicht? Vielleicht soll es ein Fehler im Hinblick
auf morgen sein, mit Elmar den Rückweg ins Hotel per Velo zu
unternehmen. Letztendlich zählen aber nur die absolvierten
Kilometer! Eventuell kommen auf der Rückreise von Paris nach Mönchengladbach
noch einige hinzu, die so nicht in der Planung stehen: Es kursiert
das Gerücht, dass in den Pariser Vororten 10.000 Autos in Flammen
stehen... .
|
|
|
|
|
|
12.08.
9. Etappe: Baie-Mahault - Basse Terre, 129 km
|
|
|
|
|
|
Heute
ist also der Tag gekommen, an dem die Tour d’Honneur anstehen
soll. Anscheinend sind wir einer Ente aufgesessen, denn am
Ortsausgang wird Reihe gefahren!? Trotz des schnellen Tempos, oder
gerade deswegen, wird dieser Tag der gefühlt längste Renntag
meines bisherigen Radsportlerlebens sein. Durch die Sitzposition,
es ist vielmehr eine Stehposition, zeigt der Laktatspiegel einen
ansehnlichen Dauerausschlag; jedes Schlagloch teilt einen Hieb
Richtung Sitzfleisch aus; jeder Meter dieser in diesen Momenten
endlos wirkenden rauen Straßen übermittelt unzählige Impulse
auf das Hinterteil; jede Rhythmusänderung lässt mir den Hut
hochgehen; rutengrau knechte ich am Ende des Feldes. Die Salbe hat
heute ihr Möglichstes getan, ihre vollen Schutzschilder konnte
sie aber nicht entfachen, und das Geschwür erfreut sich indes
bester Durchblutung. Nach einem neuerlichen Plattfuß
unterschreite ich meine mittlerweile ohnehin schon niedrig
angesiedelte mentale Stimmungslage noch ein weiteres Mal. Der
neutrale Materialwagen kommt dem rumänischen zuvor und spannt mir
ein Hinterrad ein, welches alles andere als synchron zu meiner
Schaltung eingestellt ist. Das 11er-Ritzel geht gar nicht,
zwischen dem 12er und 13er springt die Kette wahllos umher.
Kilometerlang hampele ich so, dieser Begriff beschreibt den
Positionskampf ganz gut, in der Wagenkolonne herum. Irgendwann hat
Yves ein Einsehen und spannt sich trotz aller offiziellen Proteste
vor mich. Bei jedem heimischen Motortraining mit seinen Sprösslingen
wird er beherzteren
Gebrauch vom Gaspedal machen... . Der Berg, auch heute ungefähr
20 km vor dem Ende, ist doch noch gekommen, und ich bin tatsächlich
zum ersten Mal während dieser Rundfahrt der Erste, der sich aus
dem Feld verabschiedet. Im Ziel ist mir der Spaß am Radfahren
vergangen, und ich klicke sofort hinter der Linie mit dem Schuh
aus dem Pedal. Der flinke Mechaniker aus dem neutralen Wagen
tauscht direkt sein Hinterrad gegen mein plattes aus. „Merci
beaucoup!“, sage ich in diesem Moment und denke es auch. Schließlich
rechtfertigt mein luftleerer Reifen den Fußmarsch zum
Auto. Radfahren werde ich jetzt jedenfalls nicht mehr! Hier in
Basse Terre wird heute Abend auch die Siegerehrung stattfinden.
Diese Feier schließt diese Rundfahrt mehr als würdig ab: Das Überreichen
der Pokale wird sich mit den Darbietungen von mehr oder weniger
bekannten Musikinterpreten abwechseln. Diese werden bejubelt, können
dem Beifall für den milchgesichtigen Bergfahrer Boris Carene aber
in keinsterweise Paroli bieten. Unfassbar, wenn dieser Schlacks
auf die Bühne gerufen wird, dann versteht man sein eigenes Wort
nicht mehr... . Nicht minder gut ist die Stimmung während der Rückfahrt
in unsere Herberge: Die Dänen geben Importbier aus.
|
|
|
|
|
|
13.08.
Ausklang Pointe-à-Pitre
|
|
|
|
|
|
Dass
dieser Ort, jedenfalls in meinem Dafürhalten, nicht zum Urlaub
machen geeignet ist, bekomme ich diesen Tag zu spüren:
Ausgeschlafen, gefrühstückt, geschwommen. Und jetzt? Ich
versuche mich im Sonnenbaden, wobei die Haut zwischen meinen
Abrisskanten schnell verbrannt ist... . Immerhin wird beim
Abendmahl die Tür zum Buffet wieder entriegelt. Das gibt die Möglichkeit,
essentielle Nährstoffe für die morgen anstehende Rückreise zu
bunkern. Jenny, Andi und Lars haben sich schon diesen Abend auf
Verdacht an den Flughafen gestellt und hoffen, dass sie dort schon
heute mitgenommen werden.
|
|
|
|
|
|
14.08.
und 15.08. Pointe-à-Pitre - Paris - Mönchengladbach
|
|
|
|
|
|
Liebgewonnene
Touristen-Rituale: Ausschlafen, Frühstücken und Schwimmen. Gegen
Mittag warten die beiden Busse auf die verbliebenen Mannschaften.
Während des Nachtfluges können diejenigen unter uns, die mit dem
Auto zum Flughafen angereist sind – neben uns sind das auch die
Slowenen und die Polen -, noch eine Mütze Schlaf nehmen. Nordöstlich
von Paris staut es sich, so dass wir die Landstraße Richtung Mönchengladbach
nehmen. Schade, dass hier in Frankreich heute Feiertag ist; übrigens
auch in den Niederlanden. Deshalb bleiben Weingummis sowie Waffeln
im Schaufenster stehen, und mit knurrendem Magen treffen wir bei
Hausnummer 178 ein.
|
|
|
|
|
|