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Vuelta Ciclista a Costa Rica (16.-29.12.2005; UCI 2.2)

 

 

 

 

 

Wir treffen zu nächtlicher Stunde in San Jose ein. T-Shirt-Temperaturen lassen jegliche noch vorhandenen winterliche Gefühle verschwinden. Nach einigen Wirren um das Fluggepäck, werden wir von 2 Fahrern, die uns im Auftrag der Organisation abholen, in Empfang genommen.

Schon der Transport vom Flughafen zum Hotel verrät viel über die Lebensweise der Einheimischen: Die verpackten Räder werden wild gestapelt und mit einem dünnen Faden auf dem Dach des Busses befestigt. Die Fahrweise des Busfahrers ist dem nicht wirklich angemessen. Jede Unterführung und jeder abstehende Ast lassen mich innerlich zusammenzucken. Trotzdem geht alles gut („Pura Vida“).

Auf der Fahrt fallen zudem die riesigen Werbeplakate entlang der Hauptstrasse ins Auge. Der Einfluss Amerikas ist nicht zu übersehen. Entlang der Hauptstraße vom Flughafen bis zu unserer Unterkunft (immerhin mehr als 30km) zieht sich ein geschlossenes Band von verbarrikadierten Häusern. So ganz ungefährlich lässt es sich hier anscheinend nicht leben. In einer Siedlung ähnlich gestalteter Häuser steht unsere erste Unterkunft, das „Casa Conde“. Ein Wachdienst soll den Anschein von Sicherheit wecken. 4 Sterne, die über dem Torbogen hängen, machen dieses wohl auch nötig.

Abends gibt es bei deutscher Weihnachtsmusik  immerhin ein Mahl, das meine Erwartungen deutlich übertrifft. Dass sich die Hauptzutaten in den nächsten 2 Wochen nicht ändern werden, kann ich jetzt noch nicht wissen. Geschmeckt hat es mir immer - morgens, nachmittags und abends.

Die folgende Nacht ist eher unruhig: die Zeitumstellung steckt in den Knochen und das fehlende Gepäck bereitet Sorgen. Dieses taucht zum Glück am nächsten Tag wieder auf, aber auch nur aufgrund des eigenen Engagements unserer Gruppe. Ähnliche Vorkommnisse auf der Rückfahrt lehren mich, in Zukunft nur noch mit so wenig Gepäckstücken wie möglich zu verreisen. (Anmerkung am Rande: Ein gestriges Telefongespräch der Fluggesellschaft zeigt auf, dass der verschollene Karton nicht lokalisierbar ist – das kommt mir doch irgendwie bekannt vor  ###Update vom 21.1.: der Koffer kommt um 21:30 Uhr unversehrt bei mir wieder an; lediglich die Schmutzwäsche riecht ein wenig###).

Jetzt ist endlich der erste Tag der Rundfahrt gekommen. Nach morgendlichem Akklimatisationstraining steht nachmittags die Eröffnungsfeier mit anschließendem Prolog an. Schon die Eröffnungsfeier, die vor ausverkauften Rängen im Velodrom stattfindet, deckt den Stellenwert dieser Veranstaltung auf. Auch wenn wir uns die Beine in den Bauch stehen –Nationalhymnen und Fahrervorstellungen ziehen die Veranstaltung ziemlich in die Länge - die Erfahrung ist mir das wert. Der Respekt gegenüber uns Deutschen ist enorm; dieser wird sich in den kommenden Tagen, bedingt durch unser Abschneiden, wieder legen.

Die drei Runden auf der Bahn sind in Anbetracht des Vorgeplänkels schnell gemeistert.

Zum Start der ersten Etappe, der 100km von unserer Unterkunft entfernt ist, werden wir mit unseren Pick-Ups gebracht. Schon jetzt fängt die Dauerberieselung des hiesigen Gassenhauers „Gasolina“ (den Interpreten habe ich zum Glück mittlerweile vergessen) an zu nerven. Dieser Musikschmaus wird uns in den nächsten Tagen immer zu Ohren kommen, wenn wir die Türen unseres Mannschaftswagen öffnen und einsteigen.

Jedenfalls lässt sich an den Startzeremonien dieser ersten Etappe (Böllerschüsse und das Kreisen des Helikopters, der für eine Übertragung im Fernsehen sorgt sowie Scharen von Menschen, die sich um die Fahrer versammeln) die Relevanz dieses Ereignisses abermals verdeutlichen. Vieles kannte ich bis dahin nur von den großen Rundfahrten aus dem Fernsehen, und hier bin ich nun einer der Darsteller – ein unglaubliches Gefühl.

Schon in der Neutralisation dieser Etappe habe ich einen Puls (>170), der weit über den normalen Trainingspuls der letzten Wochen ausschlägt. Der Körper sagt mir, dass er noch nicht an die Hitze gewöhnt ist. Die Etappe verläuft nach einer schnellen Anfangsphase zur Mitte hin eher ruhig, worüber ich nicht wirklich traurig bin. Erst die letzten 70km wird wieder gebraten: Windkante und ein  Sturz sorgen für eine Teilung des Feldes. Jetzt bemerke ich auch den sogenannten Fußsohlenbrand, ein Phänomen, dass mir immer unter sehr heissen Bedingungen Probleme bereitet. Deshalb versuche ich, jeden möglichen Tritt auszulassen.

Im Ziel fühle ich mich nicht wirklich gut. Ein Wasserbauch sorgt für den Drang, eine Toilette aufzusuchen. Hunger habe ich auch nicht wirklich, weshalb ich das Mittagessen auslasse. Anhaltender Durchfall senkt die Hoffnung auf eine erfolgreiche Teilnahme an dieser Rundfahrt. Zum Glück kommt im Laufe des Nachmittags der Appetit wieder. Da das Mahl mittlerweile abgetischt ist, sind Improvisationskünste gefragt: „Schoko-Bällsche“ (zu deutsch: Nestle Choco-Pops), die vom Veranstalter gestellt wurden, leisten jetzt gute Dienste und schmecken (noch). So endet der erste Abend wenigstens mit steigender Stimmung und dem in unserer Mannschaft entfachten Knabberspaß.

Am nächsten Morgen steht schon die nächste Etappe auf dem Plan. Der Start ist scharf, weshalb ich Mühe habe, meinen Platz im Feld zu finden. Nach dem ersten Hügel und knapp 30km Windkante legt sich das Tempo wieder. Ein typischer Rennverlauf: Vollgas oder kullern auf dem kleinen Blatt – sehr unrhythmisch, so dass auch wir die ersten Ausfälle haben. Immerhin kann ich mich im für eine „Flachetappe“ (diese Bezeichnung kann man hier in CR eigentlich streichen) topographisch anspruchsvollen Finale im Hauptfeld halten – ich bin mit meiner Leistung zufrieden. Die gestrigen Sorgen bestehen nicht mehr: der Stuhlgang hat sich mittlerweile wieder normalisiert und auch die Salzränder an Trikot und Hose sind nicht mehr besorgniserregend.

Ähnlich verlaufen die folgenden Etappen: unrhythmisch; ständiges Auf und Ab.

Auf der ersten Bergetappe erwischt auch den vorletzten unserer Truppe die Karenzzeit. Deshalb muss ich die letzten 9 Etappen im Alleingang bestreiten. Im ersten Moment ist mir das Fahren im Feld ziemlich unangenehm. Ständig höre ich Sätze, in denen das Wort „Alemania“ vorkommt. Das kann natürlich positiv und negativ sein – dafür müsste man allerdings spanisch können. Im Gruppetto, das bis zum Ende der Rundfahrt so ziemlich aus denselben Fahrern besteht, erarbeite ich mir allerdings schnell Respekt, so dass zumindest zu diesen Fahrern guter (kollegialer) Kontakt besteht.

Bedingt durch unser mäßiges Auftreten will der Veranstalter die deutsche Delegation ausladen. Umbuchungsprobleme sorgen aber dafür, dass alles beim Alten bleibt und nur die Abreisewilligen die Rundfahrt verlassen.

Ein Bergzeitfahren, das wir zeitlich sehr knapp bemessen anreisen, stemple ich im Vorhinein aufgrund der Kürze der Etappe als Ruhetag ein. Es läuft nicht wirklich gut. In der Nachbetrachtung komme ich zu dem Schluss, dass mir meine mentale Einstellung an diesem Tag die Grenzen gesetzt hat.  Ähnliche Erfahrungen mache ich auch in den folgenden Tagen: „Guter Kopf“ bedeuten bessere Beine – „schlechter Kopf“ eben schlechtere. Jedenfalls hätte ein zeitigeres Erscheinen auch keine bessere Fahrzeit gebracht, da die Warmfahrmöglichkeiten an diesem Ort nicht vorhanden waren – also unter dem Strich bleibt: Überstanden und Abhaken.

Es folgt die erste schwere Bergetappe auf über 3000m üNN. Schon bei der ersten Bergwertung zur dritten Kategorie gehe ich aufgrund von Windkante und Bergwertungssprint fliegen. Auf der Abfahrt fahre ich mit 3 Mann Anschlag wieder ins Feld. Natürlich erschwert ein „Meta Volante“ (zu deutsch: Sprintwertung) diese Aktion. Jedenfalls sind wir am Fuße des langen Anstieges wieder im Feld. Ein unrythmischer Anstieg und ungleichmäßiges Tempo lassen mich aber schnell wieder hinterherfahren: Nach vorne aber auch nach hinten, es sind tatsächlich noch drei Fahrer hinter mir, verliere ich den Kontakt zu Fahrern. Diesen Anstieg muss ich also als Solist bewältigen. Mir wird schnell klar, dass es heute um alles geht. Kurze Kontakte zum Begleitwagen („Wie lange geht es noch hoch?“ – „Endlos; das sind bestimmt noch 30km.“) lassen meine Hoffnungen nicht steigen. Eine halbe Ewigkeit später komme ich oben an mit ca. 4 min Rückstand auf die nächstvordere Gruppe. Nebel und Nässe erschweren die Abfahrt. Ich denke mir, wenn die Gefahren schnell kommen, gehen sie auch schnell vorbei – also lasse ich es laufen und nehme die Finger von der Bremse. So fahre ich auf die nächste Gruppe auf und erkenne in ihr den einheimischen Volksheld Ballestero. Jetzt ist mir klar, dass ich es innerhalb der Karenz schaffe, da die Organisation eben jenen Ballestero wohl nicht aus dem Rennen ausschließen wird. Bis zum Ziel fahre ich auf die Gruppe sogar noch 2 min heraus. So kann ich mir abends bei einer eigenartigen Feier den Magen ohne schlechtes Gewissen voll schlagen.

Das folgende Rundstreckenrennen verläuft wie in den ersten Tagen: Anschlag oder locker. Die letzten 2 Kilometer auf der Windkante spare ich mir und setze den Blinker. Die morgige Königsetappe an Heilig Abend spukt mir schon im Kopf. Es folgt noch eine Behandlung mit dem Compex-Gerät, die tatsächlich Wirkung zu zeigen scheint.

Den Puls kann ich heute wieder auf 195 (was für mich immer noch sehr niedrig ist) jagen, bald 15 Schläge mehr als die letzten Tage. Vielleicht ist das auch eine positive Auswirkung meiner mentalen Vorbereitung auf die Etappe gewesen. Ich habe mir immer eingeredet, dass das Überstehen dieser Etappe mit dem Durchfahren der Rundfahrt gleichbedeutend ist.

Direkt nach dem Start gilt es, 2600HM am Stück zurückzulegen. Erste Befürchtungen bewahrheiten sich: Es wird Vollgas in den Berg gefahren. Ich bin froh, dass ich nicht als erster fliegen gehe. Nach einem durchaus sportlichen Tempo in der ersten Rennstunde – alles was geht - sammelt sich am Schluss des Feldes das Gruppetto. Etwas gleichmäßiger geht es jetzt Richtung Gipfel. Die 2,5h Aufstieg ziehen sich nicht halb so lang, wie der Aufstieg, den ich vorgestern noch in der Gegenrichtung als Solist bestreiten musste; eine Gruppe ist eben auch am Berg Gold wert. Nachdem wir an der Bergwertung aus für uns unerklärlichen Gründen aus dem Rennen genommen werden sollten, fahren wir (11 Mann - immerhin 20% des noch verbliebenen Feldes) zunächst auf eigene Kappe weiter. Bergab volles Risiko. Die Gegenwellen in der Abfahrt immer Anschlag. Zum Ziel nach San Jose kreiseln wir mit 5 Mann - der Rest des Gruppettos scheint dazu nicht mehr in der Lage zu sein - so dass die Karenzzeit deutlich unterschritten wird. Das Fakt, uns aus dem Rennen zu nehmen, erweist sich dann hinterher zum Glück als Missverständnis. Die tatsächlich schwerste Etappe habe ich somit überstanden.

Am nächsten Tag folgt ein durchaus hügeliges Rundstreckenrennen, das jede Runde aufs Neue Schmerzen bereitet. Meine Aktion, wieder in der letzten Runde, angesichts der sicheren Startberechtigung für den nächsten Tag, den Blinker zu setzen, sorgt für leichte Missstimmung im Team. Mit dieser Fahrweise erhoffe ich mir, wichtige Körner zu sparen. Das erscheint mir aufgrund meiner Unerfahrenheit in Etappenrennen der richtige Weg zu sein; auch wenn es vielleicht den Eindruck erweckt, motivationslos durch Costa Rica zu radeln. So verliere ich wieder 1 Minute auf das Feld; in diesem Moment kann ich aber damit leben.

Die nächsten beiden Tage verbringen wir in den langweiligsten Unterkünften der beiden Wochen. Zudem muss es ausgerechnet hier Dauerregen geben. Die Information „San Carlos - muchas temperaturas“ erweist sich als Ente. So gestaltet sich die Zeit nach den Etappen als sehr langweilig. Ein durchaus lustiger und spendabler Pensionswirt hätte uns wenigstens an einem Ort auch am Nachmittag unterhalten und versorgen können. Aber so fand hier wenigstens der Abend einen schönen Ausklang.

Zum ersten Male bei dieser Rundfahrt begleiten uns kleine Krabbeltierchen auf dem Bettlaken  in die Nachtruhe.

Was einen nicht umbringt, ....

Die Geschichte der Etappe ist schnell erzählt: Regen, Regen und nochmals Regen. Nach der Starterhebung (300HM - natürlich Anschlag) wird gemäßigt gefahren; trotzdem tut jeder Hügel weh. Im Finale werden auch heute wieder unglaubliche Geschwindigkeiten gefahren. Wenn man überhaupt noch dabei ist, bereitet es Mühe, die Reihe zu halten. An ein Nach-Vorne-Fahren ist bei mir nicht zu denken. Die Nadel steht immer über 55. So teilt sich kurz vor dem Ziel das Feld noch mal, woraufhin es wenigstens bei uns wieder langsamer wird.

Diese Etappenankünfte mit denen von KT-Rennen in Deutschland zu vergleichen, erübrigt sich – zu groß ist der Unterschied.

Zur drittletzten Etappe geht es ausnahmsweise flach los; erst nach 100km geht es ordentlich bergauf. Aber auch die von einem Betreuer einer anderen Mannschaft genannte Streckencharakteristik („mountain: 4km uphill and then flat“) stimmt ganz und gar nicht. Der Anstieg zieht sich über fast 10 km hin, gefolgt von fahrtechnisch anspruchsvollen Auf- und Abfahrten im fast zweistelligen Prozentbereich. Den Schlussspurt auf einem ebensolchen Anstieg aus meiner Gruppe heraus spare ich mir, was wiederum für Dissonanzen sorgt („Du warst doch der Stärkste in deiner Gruppe“). Ich jedenfalls freue mich auf Mittag- und Abendessen und bereite mich auf den vorletzten Tag vor. Erwähnenswerte Randnotiz des heutigen Tages ist auch, dass ich am Startort für besonderes Durchhaltevermögen geehrt worden bin. Eine Auszeichnung, die mir jetzt in der Nachbetrachtung einiges bedeutet.

Am vorletzten Tag wird die letzte schwere Etappe gefahren: gleich nach dem Start gilt es ca. 800HM zu bewältigen. In den ersten beiden Neutralisationsrunden durch den Ort organisiert der Mexikaner Hernandez das Gruppetto. Gleich nach dem scharfen Start geht das Tempo schlagartig in die Höhe, so dass der Berg zuerst mal wieder unter Vollast in Angriff genommen wird. Zum Glück bildet sich schnell eine große Gruppe von über 20 Fahrern, in der ich sehr gut mitfahren kann. In dieser Schar schleicht auch eine Radsportprominenz den Berg hoch: der Mexikaner Miguel Arroyo, der immerhin schon TdF-Erfahrung in den Beinen hat. Nachdem sich der Anstieg doch fast eine Stunde hinzieht, geht es in die Abfahrt, in der wir wieder volles Risiko gehen (warum eigentlich?). Jedenfalls vergrößert sich dadurch unsere Gruppe und wir gondeln gleichmäßig Richtung Etappenziel. Die Hügel, die zu bewältigen sind, sorgen trotzdem für Laktatspritzen. Gerade hier macht sich der Ermüdungszustand meines Körpers bemerkbar: die Akkus sind spätestens nach 1,5h starker Belastung leer, und jede weitere Rennminute tut doppelt weh. Jedenfalls sehne ich unter diesen Umständen die Etappenziele herbei - allerdings sind es bis dahin meistens noch mehr als 2,5 Rennstunden gewesen.

Im Ziel angekommen dauert es nicht lange bis man von einer Schar von Menschen umlagert ist. Die einen wollen Trinkflaschen (ich hatte leider immer nur zwei am Rad), die anderen wollen einem lediglich die Hand schütteln. Wieder andere schießen Fotos oder wollen Autogramme haben. Heute war es aber dann extrem: ein Fan reicht mir die Hand und lässt sie partout nicht wieder los. Er schwärmt von Deutschland und unseren Autos. Nach einer Weile versuche ich ihn loszuwerden und stubbse ihn mit meiner anderen Hand ein wenig weg. Aber erst nach weiteren Umarmungen und „Pura Vida“-Rufen lässt er dann von mir ab. Meinen Mannschaftskollegen und dem versammelten Volk hat es jedenfalls gefallen.

Da die Zimmerkollegen den Abend vor der letzten Etappe auf einem Stadtfest verbrachten, und sich bei ihrer Rückkehr ins Quartier netterweise gleich zweimal bemerkbar machten („Komm, wir gehen jetzt aber doch noch einen Kaffee trinken“), war die Nachtruhe teilweise gestört worden. Wenigstens war die Musikbeschallung der nächtlichen Stunde angemessen. All dies wirkte sich aber auch nicht mehr auf die Verfassung der Beine aus – wo nichts ist, kann man auch nichts hernehmen.

Für den letzten Tag bekomme ich die Anweisung, auch die ein oder andere Attacke zu fahren. Doch irgendwie habe ich in den entscheidenden Momenten nicht die Traute, das Heft mal in die Hand zu nehmen. So läuft die Geschichte der Etappe auch heute ohne mich ab. Glücklicherweise kann ich aber einem Sturz im Feld entweichen. Nach den 12 Startrunden, in der wieder ein Mensch neben dem anderen steht, geht es hügelig Richtung  Ziel. Auf einer Steigung ereilt mich der erste Plattfuss der Rundfahrt. Ein ziemlich derbes Loch erwische ich ungünstig bzw. die mäßige Geschwindigkeit reicht nicht aus, um vollständig drüberzuspringen. So lässt sich der Durchschlag am Hinterrad nicht vermeiden. Diverse Probleme beim Wechseln des Hinterrades sorgen dafür, dass ich die letzten 30 km als Solist fahren muss. Ich fahre zwar zügig aber nicht mit letzter Konsequenz, die für ein Einholen des Hauptfeldes nötig gewesen wäre. Hier limitiert mich anscheinend mein mentaler Zustand. So kriege ich jedenfalls die Stimmung in den sehr gut bevölkerten Strassen hautnah mit. Einen Umstand, den ich mir aber trotzdem gerne erspart hätte. Irgendwann fahre ich zu einer kleinen Gruppe auf, die sich bei einem weiteren Sturz in einer kurvigen Abfahrt gebildet hatte. Mit dieser bestreite ich die letzten Kilometer der Rundfahrt. Diese Kilometer sind wiederum sehr wellig, eben typisch für Costa Rica. Man gewinnt den Eindruck, dass bei jeder Etappe kurz vor dem Ziel solche Schwierigkeiten eingebaut wurden, damit auch bloß kein Ausländer eine Etappe gewinnt. Aber davon abgesehen wäre ein Etappensieg für mich in diesem Jahr aufgrund meiner defensiven Fahrweise unmöglich gewesen.

So habe ich aber immerhin die Rundfahrt beenden können. 

Die während des Defektes bei Sportler und Betreuer aufgekommenen Spannungen verfliegen am Abend aber schnell wieder, und die 2 Wochen enden in Eintracht bei Reis, Bohnen und Nudeln.

 

 

Buenas,  

Karsten